Ferdinand F. spielt (dann leider doch nicht) – Performance von Huey Walker ohne Huey Walker
Im Rahmen einer Veranstaltung des PolenmARkT Festivals kuratiert Huey Walker den musikalischen Teil einer Veranstaltung am 20. November 2019. Es ist ihm gelungen, den Unterhaltungskünstler Ferdinand F. für eine Performance zu gewinnen. Ferdinand F. erhält für diesen Anlass leihweise den Namen des Kurators.
Im Anschluss liest Elisa Ottersberg Texte des polnischen Autors Witold Gombrowicz.
Nachtrag: aufgrund unten genannter, unerwartet eingetretener Verpflichtungen des Interpreten Ferdinand F., wird ein Repräsentant des Kollektivs The Dorschleber Dream Collective spielen.
Eine Performance des TAFKAEDSEADHINGWIDGBUJHMDSEN alias Ferdinand F.
Der Unterhaltungskünstler Ferdinand F. tritt einstmalig, auf Einladung des Klang-Kurators Huey Walker, mit einer Musikperformance auf.
Der folgende biographische Abriss ist eine Zuarbeit der Künstleragentur, die für die Betreuung des Interpreten Ferdinand F. zuständig ist.
Über Ferdinand F.:
Der mittlerweile leider zahn-, jedoch als populärmusikalische Instanz zeitlose Entertainer Ferdinand F. hat viele Eigenschaften, die seine Fans an ihm schätzen. Hervorgehoben wird dabei häufig, dass er bei seinen Auftritten noch nie pupste, auch wenn er Bohnensuppe aß oder Kohlgerichte konsumierte. Doch nicht nur sein gutes Benehmen und seine weltmännische Aura von gehobener Noblesse zeichneten ihn in seinen goldenen Jahren aus. Der liebenswürdige Kauz mit dem großen Herzen und dem Schalk im Nacken wusste schon immer, in der ihm eigenen Art, mit den Kameras zu flirten. Berühmt geworden ist der humorige Fingerzeig, mit dem der smarte Star auf vielen Photographien von damals verewigt wurde. Sein Daumen beschreibt hierbei eine Art propellerähnliche Rotation, galant umspielt von Ring- und Mittelfinger, die gemeinsam das berühmte Victorinox-Symbol von Winfried Glatzeder formen. Ferdinand F. wusste schon immer, die Räume die er betrat zum Leuchten zu bringen.
Bei den famosen Shows dieses gern gesehenen Gastes im Hause des leisen Humors blieb kein Auge offen. Die Zahlen sprechen noch heute für sich: 7, 876, 42, 12, eine Million und sogar Pi! Der feinfühlige Beau mit dem besonderen Gefühl für das besondere Gefühl weiss, wie man das Publikum für sich gewinnt. Zum Beispiel hat er sein Publikum noch nie verhauen oder böse Sachen gesagt, die andere verletzen könnten. Das weltbeflissene Wunderkind der heiteren Zortisen gilt in Kennerkreisen als weltbeflissenes Wunderkind der heiteren Zortisen. Die Weihnachtsgala, mit der er jedes Jahr durch die Republik tourte, war zu Ostern immer ein großer Erfolg. Doch nicht nur als Entertainer und Conférencier zahlloser bunter Abende verdiente er sich Sporen: in der Saison 1978/79 reüssierte er in einer viel gefeierten Paraderolle als „Elvis, der sprechende Elefant“ in einem durch die FKK-Zeltplätze der Nation tingelnden Reisezirkus. Ja, Ferdinand F. war und ist ein facettenreicher Künstler. Seine Talente sind bis heute ungezählt. Die gemeinsamen Auftritte mit dem Who-is-Who der Branche sind legendär: mit Vicky Leandros gewann er einen Wettbewerb im Synchron-Grimassenschneiden. Mit Fips Asmussen (bürgerl. „Roald Amundsen“) zog Ferdinand F. als Komiker-Duo „Ferdi & Fips“ durch die Narrenhäuser des Landes. Mit Klaus und Klaus von der Schlager-Gesangsformation „Klaus und Klaus“ trat er als „Klaus und Klaus und Klaus“ mit dem Matinee-Programm „Klausuren, Klaustrophobien und Clownsnasen: heitere Stunden mit Klaus und Klaus und Klaus“ auf. Nach einem heftigen Streit um Tantiemen, versuchte Ferdinand F. ein Jahr später, ohne Klaus und Klaus, unter dem Namen „Klaus“ mit dem Programm „Wer hat die Kokosnuss geklaust: heitere Stunden mit Klaus ohne Klaus und Klaus“ an alte Erfolge anzuknüpfen. Doch das Publikum blieb fern. Mangelnde Besucherzahlen trieben den sensiblen Künstler fast in den Urin. In den folgenden Jahren verlagerte der Maestro sein Tagesgeschäft auf die Sujets Depression und Saufen. Bis auf kleinere Achtungserfolge wurde ihm für seine Authentizität und Beharrlichkeit in diesen Bereichen nur wenig Aufmerksamkeit zuteil.
Doch im Jahre 2017 sollte sich alles ändern: eine Event- und Gartenmöbel-Agentur aus Pasewalk nahm sich seiner an und baute den gebrochenen Künstler behutsam wieder auf. In einer groß angelegten Social-Media-Kampagne (#ferdikutsche) verlieh sie dem verblichenen Alt-Star wieder eine öffentliche Seele. Es wurde sogar ein Film über den harten Hartzer mit der weichen Birne gemacht. Die im Stil des Cinéma Vérité realisierte Dokumentation „Sie nanden ihn Ferdinannt“ begeisterte Kritiker und Krippenkinder.
Seither kann man Ferdinand F. wieder für viele regionale Events buchen. Als „Allround-Affe für jeden Scheiß, Hauptsache es gibt Schnaps“ (O-Ton Pressemitteilung) verspricht der alte Hase noch einmal alle Register seiner schillernden Personality zu ziehen. Doch angesprochen auf „den Elefanten“ verzieht der stolze Star sein zerfurchtes Gesicht zu einer grimmigen Biene. Mit diesen Jugendsünden möchte er nichts mehr zu tun haben. Er möchte nun als Performer ernstgenommen werden und in der Öffentlichkeit nur noch unter dem Pseudonym „The Artist formerly known as Elvis, der sprechende Elefant, aber das hab‘ ich nur gemacht, weil ich das Geld brauchte und jetzt hängt mir die Scheiße ewig nach“ auftreten. Doch vergebens: dem „TAFKAEDSEADHINGWIDGBUJHMDSEN“ fehlt es nach einem ebenso unerwarteten, wie bizarren, von Vicky Leandros gegen ihn angestoßenen Gerichtsverfahren sogar an Geld, neues Briefpapier drucken zu lassen. Und so muss Ferdinand F., dieser nicht unterzukriegende Stern am Firmament des Show-Biz, mittlerweile unter seinem lange unter Verschluss gehaltenen Klarnamen „Horst von Karajan“ durch die Altenheime und Einkaufszentren des Landes ziehen.
Es ist umso erfreulicher, dass dieses zerschlissene Juwel der Unterhaltungsindustrie für einen einzig-gratigen Abend gewonnen werden konnte: auf Einladung von Huey Walker wird die eigenwillige Diva eine eigens von mehreren Autorinnen und Autorennen konzipierte Nummernrevue (Pi!) minimalistischer Musikereignisse darbieten. Frei nach dem Motto „Der Ton macht die Musik“ macht er mit dem Ton die Musik. Der einladende Kurator Huey Walker wird selbst nicht anwesend sein und stellt dem Performer seinen Namen mit freundlicher Genehmigung zur Verfügung.
Huey Walker wird in persona an diesem Abend keine Musik spielen. Es wird stattdessen eine Musikperformance unter dem Namen Huey Walker dargeboten. Huey Walker erteilt dem Darbietenden neben seinem Namen auch die Vorgabe, sich nicht an Asmussen (Fips), Leandros (Vicky) und Klaus (und Klaus) zu orientieren, sondern sich in stilistische und strukturelle Verwandtschaft zu Cage (John), Conrad (Tony) und Kalma (Ariel) zu stellen. Der Unterhaltungskünstler TAFKADSEADHINGWIDGBUJHMDSEN lässt über sein Management verlauten, dass er sich freut, unter einem aussprechbaren Namen auftreten zu dürfen und gibt in der ihm eigenen Art bekannt: „Keine Ahnung, wer diese Typen sind, aber diese Gratwandhalterung krieg‘ ich grad noch so hin!“.
Nachtrag: Horst von Karajan muss seinen Auftritt bedauerlicherweise absagen, da er ein Engagement von einem namhaften Musicalveranstalter erhalten hat und sich für seine Rolle als „Elvis, der singende Elefant“ vorbereiten möchte. Der Kurator Huey Walker konnte glücklicherweise einen spontanen Ersatz organisieren: es wird nun ein Repräsentant des legendären Kollektivs „The Dorschleber Dream Collective“ auftreten.
Im Anschluss liest Elisa Ottersberg Texte von Witold Gombrowicz.
Der Eintritt ist frei.
Plakatgestaltung: Nouvelle Walk – Agentur für visuelle Wege
Photo: Der Kurator Huey Walker im Gespräch mit Ferdinand F.