Lochbuch: 17.08.2007
ich fuhr dann also doch mit dem rad herum. total schau. da wo ich damals auch immer fuhr, vor 6,7 jahren. es hat sich einiges verändert. es gibt eine brücke über den gleisen jetzt, ein autobahnzubringer oder sowas wird da gebaut. das teilstück, welches aus zwei fahrwegen besteht, durch einen grünstreifen getrennt, jeweils 3-spurig, ist für den verkehr noch nicht freigegeben. ich radelte auf leerem, dystopisch anmutendem terrain. groß und breit und lang und abschüssig und schnell. hinter mir starteten die schönefelder flugzeuge. ein paar der grundstücke schließen, nur getrennt von einem hundetrainingsplatz, direkt an die einflugschneisen des flugplatzgeländes an. von den flachen dächern der häuser kann man regelrecht die triebwerke streicheln.
in jener siedlung dahinten, durch die ich durchmuß, um auf die großen, leeren landstraßen zu kommen, haben die straßen jetzt namen von pilzen (die vogelstraßen hat eine andere siedlung, nicht weit weg). bovistweg, fliegenpilzstraße und sowas. früher hatten die nur nummern. mein freund l. wohnte genau auf einem der grundstücke, das direkt an die schneisen anschloss. als kind wusste ich natürlich den numerischen namen seiner straße nicht. man geht als kind ja eher sinnlich, weniger die dinge benennend durchs leben. das geht bei mir bis heute so.
die siedlung dahinten ist seit jeher so ein bisschen ein cowboyding. es gibt da pferdekoppeln und auf den straßen liegt pferdescheisse. auf dem maroden anschlagsbrett hängt ein vergilbtes plakat für irgendeine vergangenes osterfeuer. auf manchen grundstücken vermodern pickup-wagen. südstaatenflaggen und kauzige zausel, die mit mopedanhängern durch die sperrmüllhaufen der gegend mardern. die häuser sind alle eingeschossig (die nahen schneisen!), ganz flach, sonst rissen die flugzeuge den leuten die antennen von den dächern. wahrscheinlich gibt es einen linedanceverein.
m. hiller
17.08.2007
Zwischen den Jahren 2000 und 2008 führte Martin Hiller ein tagebuchartiges, größtenteils nicht öffentlich zugängliches Tage-/Logbuch. Es entstand ein Textkorpus mit Löchern und Launen, der zuweilen als „raw data“, „moodboard“ und Zettelkasten für gegenwärtige prosaische, aber auch musikalische Arbeiten von Martin Hiller dient. Die Kategorie „Lochbuch“ versammelt ausgewählte Einträge.
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