Dirk von Lowtzow: "Tod In Theben" (Dial, 2011)

Zonic Radio Show Nord, 26.05.2011: Donkey Princess mondsegelt, Dirk von Lowtzow gniedelt doomig, Battles ballern Tropic-Math-Funk

Heute Abend ist wieder Zeit für die Zonic Radio Show Nord. Die ganze Familie versammelt sich am Radio. Die kleine Annemieke schnattert schon ganz aufgeregt und unterzuckert vor sich hin. In der Küche blühen frühe Tulpen, die Katze schleicht um Omas Bein, die Kinder werden aus dem Garten gerufen, die Mülltonne riecht jetzt immer etwas, in diesen Abenden der Frühsommerhitze.

Es gibt Apfelküchel mit Puderzucker und Mutti holt noch schnell die Wäsche rein. Dann geht es auch schon los. Wenn nur Herbert hinten in seinem Sessel nicht so laut sein würde immer.

Egal, alle Ohren spitz und zugehorcht:

Die berückende Donkey Princess, auch Stimme der Lumiéres Claires, spielte am vergangenen Donnerstag im Rahmen der Vernissage von Kevin Neitzels Fotografienausstellung, abermals ein Konzert in dieser Greifswaldstadt. Jüngst gerade erst war sie mit ihren Songs zwischen Kinder-TV-Utopien, Coco-Rosie-Gemaunz und Female-Fronted-Zuckerfolk im IKuWo zu erleben. Die Gitarre, die sie dort noch spielte, hat sie dieses Mal zu Hause gelassen und reiste mit Kinderkeyboard und Glockenspiel ins Land. Die Verstärker waren größer als ihr ganzes Equipment zusammen. Wie bei Manowar, nur anders.

Aus ihrem bezirzenden Set von sieben Stücken, wird es in dieser Zonic Radio Show Nord hörbare Eindrücke geben. Das visuelle Campingtisch-und-Blumenstrauss-Setting fehlt dann natürlich leider. Es sei deshalb also angeraten für ihre zukünftigen Live-Auftritte zu sparen. Bald schon füllt sie ganze Hallen. Hallen aus Zucker und Gold.

Hier jedoch ein Videomitschnitt vom letzten Donnerstag:

Lowtzow und der Waldschrat-Doom

Neben derlei Poppyness dröhnt und brummt es auch gar sehr in diesen heiteren zwei Radio-Stündlein. Dirk von Lowtzow, dieser angehende Bryan-Ferry-Wiederkömmling, hat für Angela Richters Inszenierung von Jon Fosses Theaterstück „Tod In Theben“ zwei Stücke eingespielt. Diese zwei Zwanzigminüter sind jetzt als 12″ erschienen. Es handelt sich um wuchtvoll surrende Gitarrendrones.

Mit erdig schwerem Spiel beläuft von Lowtzow seine Gitarre, auf und ab, Akkorde halb beliebig, halb versonnen in müden Andeutungen von Pickingmustern abgrasend: böse gefräßige Kühe.

Dirk von Lowtzow: "Tod In Theben" (Dial, 2011)

Dirk von Lowtzow: „Tod In Theben“ (Dial, 2011)

Natürlich erinnert das in erster Linie an Neil Young’s Improv-Soundtrack zu Jim Jarmusch’s „Dead Man“. Auch hier weht ein kontinuierliches Verstärkerbrummen, ein waldhaftes Schnarren und Rauschen durch die beiden Stücke mit jeweils rund 20 Minuten Spieldauer. Melodiöse Themen, wie Youngs zentrale Birkenholz-Akkorde, sind schwer auszumachen. Sehr langsam geht es voran. Manchmal brummt und bäumt es sich auf, droht das Eigenresonante der Gitarre hinfortzuwandern, meist durch einen neuen Saitenanschlag dann wieder in Zügel gezäumt. Your personal Tonleiterfetisch wird hier nicht bedient. Von Lowtzows Gitarrenspiel war ja immer schon eher rhythmusorientiert, dilettantisch, autodidaktisch, schraddelig. Gitarrensoli waren bei Tocotronic immer eher Pavement-haftes Gleichgültigkeitsgegniedel oder irgendwelche mehr oder weniger quatschigen Nervereien auf zwei, drei Tönen. Wird schon irgendwie zu dem Moll-Akkord hier passen. War schließlich schwierig genug den Greifen zu lernen.

Die geringfügig kürzer gehaltene zweite Seite von „Tod In Theben“ stülpt dem Waldschrat-Doom dann noch etwas Delays über. Erschienen ist der, auf dem Cover mit einem schuljungenhaften/tennisspielertypigen Lowtzow bebilderte Klangspaß bei Dial.

Hören & Nachhören

Die Zonic Radio Show Nord erscheint heute um 20 Uhr terrestrisch auf radio 98eins.
Einen Livestream gibt es hier. Einen Nachhör-Stream gibt es etwas später auch in der Mediathek der Medienanstalt M-V.

Playliste

Robert Mitchum – Dream a little dream of me
Tall Dark Stranger
Bear Family

Belle & Sebastian – Like Dylan In The Movies
If You’re Feeling Sinister
Jeepster

Lee Ranaldo – Mama You’ve Been On My Mind
V. A. – Outlaw Blues
Imaginary

Thurston Moore – Benediction
Demolished Thoughts
Matador

Sonic Youth – Superstar
V. A. – If I Were A Carpenter
A & M Records

Cat Power – Schizophrenia’s Weighted Me Down
Nude As The News
Matador

Kath Bloom & Loren Mazzacane – Window
Sand In My Shoe
St. Joan

Donkey Princess – Oh, Oh, Oh
live im Quartiersbüro Greifswald, 19.05.2011

Donkey Princess – Oh, I See
live im Quartiersbüro Greifswald, 19.05.2011

Jack Rose – White Mule
V. A. – The Golden Apples Of The Sun (A Bastet Comp – Selected by Devendra Banhart)
Bastet

Battles – Ice Cream
Gloss Drop
Warp

Battles – Black Sundome
Ice Cream
Warp

Spiracle – Exusia
Evestrum 7″
Drone Records

Matthew Cooper – Into Dust
Some Days Are Better Than Others (Original Motion Picture Soundtrack)
Temporary Residence Limited

Matthew Cooper – Drifting
Some Days Are Better Than Others (Original Motion Picture Soundtrack)
Temporary Residence Limited

Doopees – Dr. Domestic’s Physical Effect #2 – Electronic Colored Tone And Strings
Doopee Time
For Life Records

Donkey Princess – I Love My Bed
live im Quartiersbüro Greifswald, 19.05.2011

Moondog – Do Your Thing
H’art Songs
Kopf Records / Roof Music

Tied & Tickled Trio + Billy Hart – Calaca
La Place Demon
Morr Music

Dirk von Lowtzow – Tod In Theben I
Tod In Theben
Dial

Neil Young – Untitled 5
Dead Man (Music From And Inspired By The Motion Picture)
Vapor

Neil Young – Untitled 6
Dead Man (Music From And Inspired By The Motion Picture)
Vapor

Beck – Stagolee
Avalon Blues: A Tribute To The Music Of Mississippi John Hurt.
Vanguard

Wyrm – Divination Bones
Divination Bones / Adam Coils  7″
Drone Records

Eluvium – Defibrillator
V. A. – Beaterblocker #2
Beaterblocker

Piemont – With Small Pupils
Sand Hills
Suchtreflex